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Version vom 1. Juli 2011, 12:18 Uhr

These 5

Die Beherrschung der Beziehungen der Menschen in der Produktion – und damit die Befreiung der Menschen – ist die Bedingung dafür, die natürlichen Lebensvoraussetzungen der Menschen erhalten zu können – und damit für das Überleben der Menschheit.

Die Menschen gefährden durch ihre Art, ihre Lebensmittel zu produzieren, die natürlichen Voraussetzungen der Existenz der Menschheit als Gattung. Die Kraft der gesellschaftlichen Produktion der Menschen und ihre Wirkungen auf die Natur sind so umfassend und so durchgreifend, zugleich aber in ihrer Äußerung den Produzentinnen und Produzenten so unbewusst, dass sie den Menschen selbst als eine – sie überwältigende – Naturkraft entgegenzutreten scheint. Da diese Rückwirkung bei der bestimmten Verausgabung der menschlichen Produktivkraft nicht berücksichtigt wird, gefährdet diese Kraftentfaltung mangels Bewußtheit die Existenz der menschlichen Gattung, der Menschheit. So begegnen sich die Menschen – unbewusst – selbst, ihrer eigenen produktiven Kraft als einer bloßen – sie bedrohenden – Naturkraft. Die Unbeherrschtheit der produktiven Kraft der Menschen als einer Naturkraft gefährdet die natürlichen Existenzbedingungen der Menschheit.

Bei dieser Überlegung wird vorausgesetzt, dass es sich bei der Natur um den einen sich entwickelnden Gesamtzusammenhang handelt. Alles, was geschieht, hat auch eine natürliche Seite, ist auch der Natur subsumiert und hängt auf eine natürliche Weise mit allem anderen zusammen. Die Natur ist die organisierte und (natur)geschichtlich bestimmte Totalität alles dessen, was es gibt. Daher hat alles, was auf die Natur einwirkt, zugleich einen – zunächst und unmittelbar äußerlich wirkenden – Selbstbezug, insofern seine Wirkung – vermittels des Gesamtzusammenhangs der Natur – auf sich selbst zurückkommt. Diese Rückwirkung vermittelt über die Totalität ist in der Regel gering und erscheint zunächst als eine bloß theoretische Überlegung. Daher erlauben wir uns gerne, aufgrund der quantitativen „Bedeutungslosigkeit“ auf das Denken der qualitativen Rückwirkung zu verzichten. Man vernachlässigt die qualitative Differenz, weil sie quantitativ bedeutungslos und verschwindend erscheint. Nimmt aber die Wirkung, wie im Falle der menschlichen Produktivität, so weit zu, dass sie an den Menschen – als den Produzenten der Wirkung – selbst in Erscheinung tritt, so kann sie auch als eine Veränderung der natürlichen Lebensvoraussetzungen der Gattung Menschheit auftreten, so dass sich eine weitere Vernachlässigung verbietet. Dieser Zustand ist mit der Gefährdung der Gattung Menschheit in der so genannten „ökologischen Krise“ gegeben. Eine Vernachlässigung der qualitativen Rückwirkungen unseres Tuns aufgrund ihres angeblichen verschwindenden Charakters ist nicht länger möglich - oder zumindeest mit der Fortexistenz der Menschheit unvereinbar.

Eine solche qualitative Rückwirkung der eigenen Kraftentwicklung in der Natur, die die Existenzbedingungen einer Gattung gefährdet, ist nicht auf die Menschen beschränkt. Im Gegenteil sollen angeblich bestimmte Tierarten ihre eigenen Lebensvoraussetzungen auf diese Weise aufgehoben haben und daher ausgestorben sein. (So wird von den Dinosauriern erzählt, dass sie ihre eigenen Existenzvoraussetzungen aufgehoben haben und deswegen untergegangen seien. Es handelt sich dabei also um einen Prozess, der sich auch innerhalb der Evolution – und damit innerhalb der Natur ohne ihr Gegenteil, das von den Menschen hervorgebrachte Künstliche – abspielen kann.) Die Natur tritt in einem solchen Prozess in vier verschiedenen Bedeutungen auf, die alle zusammen gedacht werden:

- erstens als die Natur der Tieres, hier der Dinosaurier;
- zweitens als der Lebenszusammenhang, in dem die Dinosaurier leben;
- drittens als das natürliche Verhältnis der Dinosaurier zu ihren natürlichen  
  Lebensbedingungen und schließlich
- viertens die Totalität des Gesamtzusammenhangs, aus dem die Dinosaurier auf  
  diese Weise geschichtlich verschwinden. Es geht dabei um einen Prozess, der 
  in der Natur selbst stattfinden kann, ohne den Rahmen der Natur zu 
  verlassen. 

Die Gefährdung der Existenz einer Gattung ist auch innerhalb der Natur zumindest möglich (und hat vielleicht z. B. bei den Dinosaurier wirklch stattgefunden).

Bei Menschen sind diese Prozesse zwar natürlich, aber zugleich auch künstlich. Die Natur als Totalität lässt sich unterscheiden in das Natürliche und das Nicht-Natürliche, das Künstliche, welches das Produkt der Menschen ist, die selbst natürlich sind. Die Natur ist so betrachtet die Einheit ihrer selbst und ihres Gegenteils, des Künstlichen, das zugleich dem bloß Natürlichen entgegengesetzt ist. Die Natur ist das „übergreifende Allgemeine“ [1] – um diesen Ausdruck Hegels zu gebrauchen – von Natürlichem und Künstlichem. (In der Geschichte der Philosophie werden Produkte dieser übergreifenden Natur als von Gott geschaffen von den endlichen Produkten menschlicher Produktion unterschieden.)

Wenn die Menschen in den Naturzusammenhang eingreifen, um ihre Lebensmittel zu produzieren, dann erreichen sie nicht nur das, was sie tun, sondern ihr Tun hat eine natürliche Gesamtwirkung, von der die beabsichtigte Wirkung in der Regel nur einen Teil darstellt. Es kommt für die Menschen mehr und mehr darauf an, ihre Wirkung in ihrer Gesamtheit zu erfassen und zu berücksichtigen. Es reicht nicht mehr tun zu können, was wir wollen; wir müssen auch wollen können, was wir tun. (In diesem Sinne sagt Hegel (Encyclöpädie § 147): "Gott weiß, was er will". D.h. Gott tut nicht nur, was er will, sondern er will auch, was er (insgesamt) tut.) Deswegen müssen wir uns mehr und mehr damit befassen, was die natürliche Gesamtwirkung unseres Tuns ist und lernen, diese Gesamtwirkung unseres Tuns zu beherrschen. Wir müssen Selbstbeherrschung unserer Produktion der Lebensmittel in dieser Produktion lernen.




  1. Genau genommen übergreifen sich das Natürliche und das Künstliche auch gegenseitig. Denn es gibt auch die Natur als Moment des Künstlichen, wie umgekehrt das Künstliche als Moment des Natürlichen. Das im Einzelnen zu analysieren, wäre sicherlich sehr kompliziert. Hier reicht es, zu erfassen, dass in letzter Instanz die Natur das Künstliche übergreift, das Künstliche nur im Rahmen – wenn man so will – der Natur existieren kann.